Die unendliche Geschichte: Das Alphabet und was man damit anstellen kann

Weiter geht's mit dem dritten Teil unserer Diskussion zur Unendlichen Geschichte. Bei einer Buchbesprechung darf natürlich ein Thema nicht fehlen: die Sprache. Sie transportiert die Geschichte und macht die Figuren lebendig. Wenn die Gestaltung des Buchs sich dann noch perfekt in die Geschichte einfügt, wird das Kunstwerk komplett.

Falls du die anderen Teile dieser Buchbesprechung noch nicht gelesen hast, kein Problem, du kannst diesen Beitrag auch unabhängig davon lesen oder die anderen Beiträge nachlesen:
Teil 01: Inhalt/Ende (14.04.2018) | Teil 02: Charaktere (21.04.2018) | Teil 03: Sprache (28.04.2018) | Teil 04: Was Autoren von Michael Ende lernen können/Fazit (05.05.2018)



Das Lieblingszitat von  aus der Unendlichen Geschichte:
»Über Berg und Tal, über Feld und Flur / werd’ ich vergehen, verwehen. / Ach, alles ereignet sich einmal nur, / aber einmal muß alles geschehen…«
♣:
Aber die Sprache im Buch erinnert ohnehin sehr stark an ein Märchen, das auch die Brüder Grimm erzählt haben könnten. Ende beschreibt die Szenerie immer sehr bildlich und aktiv. Es gibt viele Vergleiche und Metaphern und gerade auch die Sprache der verschiedenen Charaktere ist sehr eindrücklich. Mir hat zum Beispiel die Szene mit der alten Morla sehr gut gefallen.

♠:
Genau die Szene hatte ich auch im Hinterkopf! Da hatte ich ein bisschen Gänsehaut.

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Oh ja. Ich liebe Endes Schreibstil allgemein, obwohl ich allwissende Erzähler sonst weniger mag. Bei Endes Romanen passt dieses Märchenhafte einfach, und er findet immer die richtigen Worte. Interessant fand ich auch AURYNs Botschaft »Tu, was du willst«, und wie verschieden diese Worte interpretiert werden können.

♠:
Diese Botschaft stammt ja tatsächlich aus der Thelema-Lehre von Aleister Crowley. Man soll den eigenen, wahren Willen erkennen, was Bastian meiner Meinung nach auch tut.

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Ja, aber erst später. Am Anfang missversteht er die Botschaft und wünscht sich einfach, was ihm gerade in den Kopf kommt - und eigentlich geht es um das genaue Gegenteil. Das habe ich auch als schöne Entwicklung empfunden, und die Sprache und deren Interpretation spielt wieder eine tragende Rolle.

♣:
Wie fandet ihr eigentlich die verschiedenen Namen? Obwohl ja gerade die drei Ritter sehr ähnlich hießen – Hýkrion, Hýsbald und Hýdorn – war es gar nicht so schlimm, wenn man nicht genau wusste, welcher gemeint ist, weil es meistens beschrieben wurde und gerade auch die eher wunderlichen Namen wie Graógramán oder Uyulála sind dann doch sehr eingängig. Nur der Drache Smärg war vielleicht etwas unglücklich gewählt, weil dabei direkt eine Assoziation aufkommt.

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Welche Assoziation kommt einem bei Smärg denn?

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Smørrebrød!

♣:
Smaug.

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Oh.

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Zurück zum Thema! Da ich allgemein Probleme mit Namen habe, habe ich mir nebenbei Notizen gemacht. Bei Irrlicht Blubb, Winzling Ückück, Nachtalb Wúschwusul und Felsenbeißer Pjörnrachzarck wäre ich sonst schon aus der Geschichte geflogen. (Gerade schaue ich auf meine Notizen, das könnte ich sonst nicht aus dem Kopf).

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Eigentlich fand ich die Namen sehr cool und passend zu Phantásien. Allerdings gehöre ich auch zu denen, die generell Probleme mit Namen haben, und das führt dazu, dass ich die meisten mittlerweile schon vergessen habe und nachschlagen muss. Das mit den Notizen muss ich wohl auch mal ausprobieren!

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Die Namen fand ich ganz nett; sie haben das Fantastische des Buches noch einmal unterstrichen und der Roman wirkte dadurch auch mehr wie ein Kinderbuch, weil die Namen oft wie beinahe wahllos aneinander gereihte Buchstaben wirkten, wo hier und da ein Akzent hinzugefügt wurde.
Aber wirklich merken konnte ich sie mir auch nicht, was ich als nicht besonders schlimm empfand, da die meisten Charaktere sowieso nur ein, zwei Auftritte hatten und es dann ja hieß, ihre Geschichte würde woanders erzählt.

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Nebenbei erwähnt kann ich mir kaum vorstellen, dass deutschsprachige Kinder die Akzente richtig lesen und die Namen richtig betonen. Ich kann das auch erst, seit ich Spanisch lerne.

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Luxemburgische Kinder sind mit Akzenten vertraut und trotzdem hätte ich keine Ahnung, wie ich die Namen betonen sollte.

♣:
Ich selbst hätte die meisten vermutlich auch falsch gelesen, aber ich habe anfangs das Hörbuch angehört und erst bei der Hälfte nur noch im gedruckten Buch gelesen. Gerade Graógramán wäre für mich sonst bestimmt eine Herausforderung geworden. Die Akzente wirken nun einmal etwas befremdlich, aber gleichzeitig auch sehr passend für die Geschichte, da sie ein phantastisches Element bilden.

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Als Evastöchter dürfen wir die Charakterennamen bestimmt sowieso so aussprechen, wie wir es für richtig halten. *zwinker*

♣:
Gerade die ganze Thematik der Geschichten wurde aber auch sehr gut vermittelt. Bastian erschafft ja die Bibliothek mit all seinen Geschichten und erzählt auch eine und im Grunde passiert dies alles innerhalb einer Geschichte, nämlich der, die Bastian zunächst liest, und diese wiederum spielt in unserem Buch Die unendliche Geschichte. Geschichten, Gedichte, Namen und Sprache werden zu wichtigen Themen und Elementen, obwohl sie normalerweise immer nur den Rahmen einer Geschichte bilden, nicht aber deren Essenz. So wird in der Alten Kaiser Stadt ja auch gezeigt, dass dort unendlich Buchstaben aneinandergereiht werden, die irgendwann vielleicht sogar zufällig eine echte Geschichte erzählen.

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Auch die Darstellung des Alphabets finde ich sehr süß. Jedes Kapitel beginnt schließlich mit einem anderen Buchstaben. Das ist ein schönes Detail, zumal es in meiner Ausgabe auch noch schöne Illustrationen gibt.



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Das ist mir noch gar nicht aufgefallen. Ein weiteres geniales Detail!

♣:
Mir auch nicht, aber es ist tatsächlich eine schöne Komponente, gerade weil es ja auch heißt Die unendliche Geschichte - Von A bis Z mit Buchstaben und Bildern. So hat das Ganze noch einmal einen belehrenden Sinn.

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Ich mochte die Stelle sehr gerne, an der Atréju in Versen reden musste, um verstanden zu werden. Soweit ich mich erinnere, klangen seine Gedichte zwar oft nach »Reim dich oder ich fress dich!«, aber das hat ihn mir umso sympathischer gemacht und ihn weiter charakterisiert.

♠:
Stimmt, das war irgendwie knuffig! Glaube, in der Situation heiligt der Zweck einfach die Mittel. Ich würde da auch nicht viel komplizierter antworten.
Mich hat zwar nicht die alte Rechtschreibung gestört, aber die Kommasetzung. Da fehlen manchmal einfach Pausen oder Akzente, zum Beispiel in Sätzen wie: »Xayídes Ende ist rasch erzählt, doch schwer zu verstehen und voller Widersprüche wie so vieles in Phantásien.« Das ist wie ein überhastetes Luftholen.

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Wobei sowas, in Maßen eingesetzt, auch ein sehr gutes Stilmittel sein kann. Den Satz lese ich im Kopf auch »ohne Luft zu holen«, aber irgendwie passt das ja.

♣:
Mir ist das auch aufgefallen, aber ich habe es dann einfach in meinem Tempo gelesen. Ich mag es auch gar nicht, wenn seltsame Stellen im Text durch fehlende oder ungünstig gesetzte Kommata entstehen. Aber hier waren die Sätze meist nicht so komplex, dass es wirklich gestört hätte.

♠:
Dann ist das einfach Geschmackssache.

So viel zur Sprache. Was uns die Unendliche Geschichte aus Autoren- sowie aus Lesersicht gelehrt hat und wie uns der Roman insgesamt als literarisches Werk gefallen hat, erfahrt ihr nächsten Samstag. Bis dann!

Falls du die anderen Teile dieser Buchbesprechung noch nicht gelesen hast:
Teil 01: Inhalt/Ende (14.04.2018) | Teil 02: Charaktere (21.04.2018) | Teil 03: Sprache (28.04.2018) | Teil 04: Was Autoren von Michael Ende lernen können/Fazit (05.05.2018)

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