Bücher unserer Kindheit

Besonders in der heutigen schnelllebigen Gesellschaft nimmt man sich selten Zeit innezuhalten. Deswegen wollen wir heute einen Blick zurückwerfen und uns an die Anfänge unserer Lesereise erinnern. Egal, was wir heute von den Büchern halten mögen: Sie haben unsere Kindheit geprägt, indem sie in uns die Lust zum Lesen weckten, uns zum Schreiben hinführten oder einfach nur stille Begleiter waren.



♣: Woran ich - und vermutlich auch viele andere Leser unserer Generation - bei den Büchern meiner Kindheit sofort denken muss, ist eindeutig die Harry Potter-Heptalogie von J.K. Rowling. Von ihr geht einfach ein ganz besonderer Zauber aus. Wollten wir nicht alle Harry sein? Unserem langweiligen Zuhause in eine Welt voller Magie entfliehen? Ich habe die Bücher schon mit sieben Jahren verschlungen, mir zum Einschlafen eigene Geschichten erzählt, in denen ich mit Harry zusammen nach Hogwarts gekommen bin, und später dann auch Fanfictions gelesen und geschrieben. Wenn ich verreist bin, war immer mindestens einer der Bände dabei, und wie oft ich die Reihe nun wirklich schon gelesen habe, kann ich nicht einmal mehr schätzen - denn natürlich war die von Rufus Beck gesprochene Hörbuchfassung des Romans ebenfalls mein ständiger Begleiter. Ich war zwar grundsätzlich immer jünger als Harry, während ich die einzelnen Bände las, konnte mich aber dennoch wie selbstverständlich in ihn und die Welt einfühlen. Mein Allgemeinwissen lässt mich viel zu oft im Stich - aber wenn es um Harry Potter geht, kann ich mit jeder Menge (unnützem) Wissen um mich werfen. Harry, Ron und Hermine sind für mich wie alte Freunde, zu denen ich fast jedes Jahr zurückkomme, um wieder in ihrer Geschichte zu versinken und mich wie ein Kind fühlen zu können.

: Wenn es um die Bücher meiner Kindheit geht, denke ich als erstes an die Fünf Freunde-Reihe von Enid Blyton. Die Bücher haben meine Kindheit in vielerlei Hinsicht geprägt. Einerseits habe ich sie schon kurz, nachdem ich lesen gelernt habe, bereits verschlungen, und andererseits haben sie mich früh dazu inspiriert, mir selbst Geschichten auszudenken und später auch zu schreiben – ob mich die Schreiblust auch ohne Blytons Bücher gepackt hätte, weiß ich nicht. Durch die Länge der Reihe haben sie mich über einige Jahre meiner Kindheit hinweg begleitet und mich in die Leseratte verwandelt, die ich damals gewesen bin. Damals habe ich die Bücher als unglaublich spannend empfunden und konnte mich mit den Protagonisten und den Themen rund um Freundschaft und geheimnisvolle Abenteuer gut identifizieren. Einer der Protagonisten, George, habe ich mich damals besonders verbunden gefühlt, weil sie mir schon damals gezeigt hat, dass auch weniger konventionelle Mädchen richtig cool sein und dabei viel Spaß haben können, womit sie eine wichtige Vorbildfunktion für mein jüngeres Ich eingenommen hat.

♠: Meine Kindheit war geprägt von gefühlt jedem Buch, das es beim Loewe-Verlag in der Lesekönig-Reihe gab. Das waren viele Bücher von vielen Autoren mit ganz unterschiedlichen Geschichten. Manche waren Einzelbände, andere wurden fortgesetzt. Die Bücher waren immer relativ kurz, sodass ich sie wunderbar mit einer Taschenlampe unter der Bettdecke lesen konnte ... was ich eventuell etwas oft gemacht habe. Gut in Erinnerung geblieben ist mir eine Geschichte über einen Jungen, der als Mutprobe in eine Bärenhöhle gehen muss (Das Geheimnis der Bärenhöhle von Dirk Walbrecker), das ich für eine vierstündige Fahrt bekommen hatte. Nach anderthalb Stunden musste meine Mutter überrascht feststellen, dass ich auf einmal keine Beschäftigung mehr hatte. Mittlerweile kosten diese Bücher fast nichts mehr, weil es sie nur noch gebraucht gibt. Schade!

: Wie bei ist mir Enid Blyton in meiner Kindheit begegnet und zwar mit ihrer Dolly-Reihe. Den letzten Teil habe ich (zu meiner Schande) bis heute nicht gelesen, doch die anderen fünf Bände haben mich in ihren Bann gezogen. Die Bücher handeln von Dolly Rieder, die auf dem Mädcheninternat Möwenfels ihren Abschluss anstrebt. Wie bei Harry Potter behandelt ein Band dabei jeweils ein Schuljahr, wobei neben dem Unterricht natürlich allerlei andere Themen eine Rolle spielen, die wohl wichtigsten sind dabei Freundschaft und Selbstfindung. Man merkt den Büchern ihr Alter deutlich an – der erste Band erschien 1946 –, deswegen sind sie heute nur mit Vorsicht zu genießen. Zum Beispiel wird von den Mädchen erwartet, dass sie sich bis zu einem gewissen Grad anpassen, und wer dieser Aufforderung nicht nachkommt, wird auf eine Weise bestraft, die heute als Mobbing bezeichnet werden würde, in den Büchern aber als legitim gilt. Trotzdem haben mir die vielen unterschiedlichen Mädchen- und Frauenfiguren gefallen und begeistern mich auch heute noch. Besonders Alice und Will sind mir in Erinnerung geblieben: Alice als (fast) durchgängig Klassenbeste, die ihre Arroganz abzulegen lernte, und Will als »Tomboy«, die mit ihrer Freiheitsverliebtheit des öfteren in Schwierigkeiten geriet.

: Auch um die Tintenherz-Trilogie komme ich nicht herum, wenn es darum geht, die Bücher meiner Kindheit zu benennen. Allgemein habe ich Bücher von Cornelia Funke verschlungen, Tintenherz jedoch hat es mir besonders angetan. Obwohl ich sonst kaum Bücher mehr als einmal lese, habe ich als Kind sehr oft in die Romane reingeschaut, und jedes Mal haben sie mich inspiriert und gepackt … Selbst beim Schreiben dieser Zeilen befällt mich gerade die Lust auf ein Reread. Beim Lesen des ersten Bandes war ich aus meiner Fünf-Freunde-Zeit bereits entschlüpft, und Tintenherz war das perfekte nächste Romanabenteuer. Ich erinnere mich noch daran, wie gespannt ich damals auf den zweiten und dritten Band gewartet habe. Besonders im Gedächtnis geblieben sind mir die wundervollen Figuren wie Staubfinger und Farid, sowie die eindrücklichen Beschreibungen und die lebendige Ausarbeitung der Tintenwelt, die nicht zuletzt meine Vorliebe für Fantasy-Romane entfacht haben.

♠: Apropos Cornelia Funke: Hier dürfen die Wilden Hühner nicht fehlen! Die Buchreihe hat mir gerade in der Grundschule eine Menge beigebracht. Ich war nie das typische Pferdemädchen, aber selbst Die wilden Hühner und das Glück der Erde hat mir damals gut gefallen. Vor allem ging es in den Büchern auch um schwierige Themen wie Mobbing, Schulstress und häusliche Gewalt und war nicht nur Friede-Freude-Eierkuchen. Die Filme waren übrigens auch ziemlich gut ... also, für deutsche Buchverfilmungen. Die Tintenherz-Verfilmung fand ich nicht so pralle (bis auf Staubfinger, mwah!)

: Ein anderes Buch, das ich als Kind geradezu vergöttert habe, ist Fliegender Stern von Ursula Wölfel. Ich hatte schon früh eine Faszination für Indianer entwickelt, welche größtenteils diesem Buch zuzuschreiben ist. Es erzählt die Geschichte des Jungen Fliegender Stern, der mit seinem Freund Grasvogel loszieht, um in Erfahrung zu bringen, weshalb die Weißen ihr Land übernehmen. Ähnlich wie bei der Dolly-Reihe habe ich gemischte Gefühle, wenn ich an das Buch zurückdenke. Ich habe es damals hoch und runter gelesen und habe es in der Schule sogar als mein Lieblingsbuch vorgestellt. Heute sehe ich die Geschichte kritischer, denn auf der einen Seite werden Fliegender Stern und sein Stamm als die Sympathieträger dargestellt, denen Unrecht getan wird, auf der anderen Seite sind die einzigen weißen Charaktere freundlich und höflich und gehören natürlich nicht zu den eigentlichen Bösen. Schaut man sich die Geschichte Amerikas an, finde ich diese Herangehensweise bedenklich. Andererseits ist es nunmal ein Kinderbuch und zumindest bei mir hat gerade das Ende eine gewisse Wehmut hervorgerufen, bei der ich eindeutig auf der Seite der Ureinwohner stand.

♣: Obwohl ich als Kind mit großer Begeisterung und unermüdlicher Repetition viele Hörspiele gehört und geliebt habe, sind sie es nicht, die mich so nachhaltig geprägt haben. Stattdessen hat die Reihe Die Gilde der Schwarzen Magier von Trudi Canavan mich damals stark beeindrucken können und war vermutlich die erste richtige High Fantasy, in die ich eingetaucht bin. Man erkennt vielleicht ein Muster bei mir, denn auch die junge Sonea kommt an eine Schule für Magier und wird ausgebildet. Was mich so umgehauen hat, war vor allem das detaillierte und umfassende Worldbuilding. Gleichzeitig fühlt man sich irgendwie nie wie ein Außenstehender. Besonders der »Historiker« Dannyl hat es mir angetan, mit dem der Leser auf Reisen geht, um neue (und alte) Entdeckungen zu machen. Erst diese Reihe hat mich als Autorin dazu inspiriert, mich nicht mehr nur Fanfictions zu widmen, sondern auch (und mittlerweile nur) eigene Romane zu schreiben. Besonders faszinierend fand ich, wie Trudi Canavan es mit dem dazugehörigen Einteiler und Prequel Magie und der Sequelreihe Sonea geschafft hat, die Historik um die Welt von Kyralia und Sachaka noch mehr auszubauen. Das Lesen und finden von Zusammenhängen ist dabei ein wirklich großer Genuss.

So viel Nostalgie und tolle Kindheitserinnerungen in einem einzigen Beitrag! Kennt ihr unsere Bücher der Kindheit? Habt ihr sie selbst mal gelesen, und welche Bücher haben euch durch eure frühen Lebensjahre begleitet? Erzählt uns gerne in den Kommentaren mehr davon.

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